Die Katastrophe

Der Ablauf meiner selbstverursachten Katastrophe

Der Fantec MR35-DUS 2 ist ein externes Festplattengehäuse, in dem ich 2 Samsung 1TB (Terabyte)-Platten mit NTFS als RAID 1 laufen habe.
Das heißt, die Daten werden gespiegelt, so dass, wenn eine Festplatte defekt ist, diese im laufenden Betrieb ausgetauscht werden kann. Die Daten sollten dann automatisch wieder auf eine neu eingesetzte Festplatte gespiegelt werden.

Auf den Festplatten befinden sich 88710 Dateien von Fotoproduktionen fast eines ganzen Jahres in 154 Verzeichnissen und Unterverzeichnissen.

Das Fantec MR-35DUS2

Um meinem Kollegen Andreas Mann das perfekt funktionierende System zu zu demonstrieren, entferne ich die obere Festplatte während des laufenden Betriebes.
Alles scheint gut: Mit nur einer Festplatte im Gerät sind alle Verzeichnissse (Ordner) und alle Dateien zugänglich.

Ich schalte das Gerät aus, stecke die 2. Festplatte mit allen Daten wieder in den Fantec ein und lasse das Gerät über Nacht laufen, damit die Daten wieder gespiegelt werden.

Am nächsten Morgen sind beide Festplatten gespiegelt.
Schock!! Auf beiden Festplatten sind zwar alle Verzeichnisse vorhanden, aber ich komme nicht mehr hinein. Ein Blick auf die Eigenschaften zeigt, dass alle Verzeichnisse nur noch eine Größe von 0 Byte haben.
Putzigerweise ist auf der Festplatte mit ca. 652 GB genaus so viel Platz belegt wie vorher.

Schock: Alle Verzeichnisse haben nur 0 Byte Größe!...aber belegter Speicherplatz 651 Gygabyte

Ich entferne die obere Festplatte wieder aus dem Gerät und setze sie in meinen Sharkoon-Adapter ein.

Festplatte im Sharkoon-Adapter (für 2,5"- und 3,5"-Platten)

Ich recherchiere im Internet und lasse daraufhin den windows-eigenen Befehl chkdsk /r (Reparatur) ‚˜drüber laufen.

So startet man den DOS-Befehl chkdsk,dann passiert jede Menge,Windows hat den Fehler behoben. Haha!Alle Verzeichniseinträge verschwunden...

Den Satz, der im DOS-Fenster zu lesen ist, muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: „Windows hat Probleme im Dateisystem behoben.“
Danke, Windows!!
Danach existiert, anstatt der 154 Verzechnisse, die vorher angezeigt wurden, nur noch 1 Verzeichnis, Recycler und „System Volume Information“. Der belegte Speicherplatz auf der Festplatte ist kaum 0!

Ich rufe verzweifelt bei Fantec an. Man gibt mir freundlicherweise die Direktdurchwahl von Herrn Wagner, der aber auch keinen Weg kennt, die Daten zu retten. Er vermutet aber, dass der Fehler dadurch entstanden ist, dass ich keine leere, unformatierte Platte eingesetzt, sondern die 2. Festplatte mit den kompletten Daten benutzt habe.
Auch ein Anruf beim Computer-Händler meines Vertrauens ergibt nur, dass der alte chkdsk-Befehl meistens mehr kaputt macht, als etwas repariert.

Internetrecherche ergibt für mein Problem auch keine Lösung, ich stoße aber auf das Programm Testdisk, mit dem ich eine Analyse mache: Nicht nur die MFT (Master File Table – die entsprechung der FAT beim FAT32-Dateisysten) ist defekt, sondern auch die Sicherungskopie der MFT. Deshalb kann er wahrscheinlich auch nicht wieder hergestellt werden…

Der Versuch, zur Sicherheit ein exaktes Festplattenimage der 1TB-Platte mit ODIN
auf eine andere 1TB-Festplatte zu spielen misslingt, weil auf nicht genug Speicherplatz zur Verfügung steht. Die Festplatte, auf die die Imagedatei gespeichert werden soll, beinhaltet ja selbst schon ein Filesystem und einige Systemdateien und ist deshalb zu klein…

Ich bestelle bei Anobo zu einem unglaublich günstigen Preis eine 1.5TB-Samsung-Platte.

Die Festplatte ist da:
Weil ich keinen weiteren SATA-Adapter habe, klemme ich die neue Platte kurzerhand anstelle des DVD-Laufwerkes provisorisch an den Rechner an.

Das ist aber mal eine schöne Konstruktion!

Jetzt kann ich ein exaktes Image mit allen Sektoren der 1. Festplatte aus dem RAID-Verbund erstellen, die ich nach dem Crash noch nicht angerührt habe. Nach ca. 16 Stunden ist das Image auf der neuen 1.5TB-Platte.

Mit ODIN kann man einfach Festplatten klonen.

Als letzten Versuch lasse ich noch einmal chkdsk, diesmal mit der Option „/f“ ‚drüber laufen. Jede Menge Indizes werden gelöscht – und ich habe wieder den gleiche Effekt wie vorher mit der Option /r bei der anderen Platte: Statt 154 Verzecihnissen existiert nur noch 1 Verzeichnis, „Recycler“ und „System Volume Information“. Auch der belegte Speicherplatz auf der Festplatte ist wieder kaum 0.

Also spiele ich mit ODIN das zuvor erstellte Image auf die Festplatte zurück (dieses Mal dauert es etwas weniger als 16 Stunden) und tatsächlich ist die Platte wieder in genau dem Zustand wie vorher: Alle Verzeichnisse sind sichtbar, alle haben 0 Byte (kein Zugriff möglich), belegter Speicher auf der Festplatte wieder 652 GB.

Den nächster Versuch, die Daten zu retten, sterte ich mit „Get Data Back NTFS„. Ich lade die Testversion herunter, installiere das Programm und starte die Suche nach verlorenen Daten.
Nach einer weiteren Nacht zeigt mir „Get Data Back” tatsächlich alle Verzeichnisse mit Unterverzeichnissen und allen Dateien darin an. Stichprobeartig sehe ich mir einige Dateien an – sie sind noch da!!!
Für 79 $ kaufe ich den Lizenzschlüssel, damit ich die geretteten Dateien auf anderen Datenträgern speichern kann.

Die Rettung läuft!

Die, wie im Windows-Explorer dargestellten Verzeichnisse, kopiere ich auf eine 1TB-Festplatte. Es funktioniert, ich bekomme alle Dateien inklusive der Verzeichnisstruktur zurück und muss sie nicht noch in jahrelanger Kleinarbeit wieder in entsprechende Verzeichnisse verschieben.

Die Festplatte mit den geretteten Daten im Fantec spiegeln zu lassen gelingt selbst nach der Anleitung des Supports von Fantec nicht.
Auch Andreas Mann hat Probleme damit.
Es bleibt also spannend…

Eine lustige Demonstration ergibt also: Viel Recherche, mindestens 3 Tage Arbeit und 79 $ Software-Kosten. Aber auch viel Wissen in Bezug auf verlorene Daten.
😉

Merke: Never change a running system!

PS:
Fotograf Andreas Mann rief mich vor 3 Tagen an: Er hat aus Versehen ein komplette Partition gelöscht.
Ein Image seiner malträtierten Festplatte wird gerade von mir erstellt – anschließend mache ich mich wieder ans Daten-Retten.
Nachtrag zum Nachtrag:
Die verloren gegangene Partition von Andreas ist von mir gerettet worden!
🙂

PPS:
Es hat sich herausgestellt, dass ein Hardwaredefekt Schuld an dem Desaster war!

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